Über das Stück
• absurdes Theater
• Macht
• Familie
Deutsch von Heinz Schwarzinger
Aus der Tradition des Grand Guignol schuf Jarry 1888 – ursprünglich für Marionetten – seinen UBU REX, eine erbarmungslose Karikatur des egoistischen, feigen Kleinbürgers, der in der späteren Fassung als mythische Figur die animalische, auf primitivste Instinkte reduzierte Natur des Menschen verkörperte. Die Uraufführung fand 1896 auf der Bühne des Pariser „Théâtre de l’Oeuvre“ statt, an dem Jarry als Dramaturg arbeitete. Die Handlung des UBU REX ist durchsetzt von zahlreichen Parodien. Hauptsächlich verwendet Jarry Szenen aus den Dramen Shakespeares. Die Figuren sind heruntergekommene Shakespaere-Gestalten in der Kasperle-Pose. Ubus Karriere kann man verstehen als eine Travestie des Schicksals von König Lear. In Ubu steckt auch ein Stück von Macbeth und Falstaff, Mutter Ubu ist eine vulgäre Abart der Lady Macbeth. Die Ermordung des Königs ist eine Parodie der Verschwörung gegen Cäsar; auch im UBU sieht die Gattin die Ereignisse im Traum voraus und beschwört den Gemahl, nicht zur Parade zu gehen. Wie Hamlet erhält der junge Königssohn Bubelas von einem Geist den Racheauftrag.
„UBU REX ist eines der Meisterwerke des Komischen der französischen Bühne. Hat es die ganze Kraft und Einfachheit der guten antiken Literatur, die ganze Wildheit und den gesunden Menschenverstand der ‚Vérolez très précieux’ des 16. Jahrhunderts, die Lebhaftigkeit, Reinheit und die Art des Molièreschen Dialoges, die Phantasie und die groteske Lyrik eines Shakespeare, so hat UBU REX noch etwas anders, das aus ihm ein einzigartiges Werk macht, das nichts Vergleichbares hat, in keiner Literatur. Dieses Etwas entstammt der außergewöhnlichen Persönlichkeit unseres armen Freundes Alfred Jarry.“
Guillaume Apollinaire, Soirées de Paris, 1907
Besetzung: ad libitum
Über den Autor:
Der Dramatiker, Romancier und Dramaturg Alfred Jarry wurde 1873 in Laval in der Bretagne geboren. Er stammte aus einer wohlhabenden Bauern- und Handwerkerfamilie. Er schrieb mehrere Romane und Theaterstücke. Aufgrund der andauernden Nichtbeachtung seiner Werke durch die literarische Öffentlichkeit führte er zunehmend ein Außenseiterdasein am Rande des Existenzminimums. Alfred Jarry starb 1907 im Alter von nur 34 Jahren an einer tuberkulösen Meningitis. Der letzte von ihm überlieferte Satz soll die Bitte um einen Zahnstocher gewesen sein. Nach seinem Tod wurde Jarrys Biografie immer mehr vom Mythos des Bürgerschrecks und des von Gläubigern gejagten „poète maudit“ überlagert.